Kritik in Zusammenhang mit dem Stickstoff-Abkommen: Drängte Flanderns Bauernbund Landwirte zum Expandieren? | VRT NWS: nachrichten

2022-09-24 11:22:36 By : Ms. Chen Yu

Eine in dieser Woche ausgestrahlte Reportage der VRT-Sendereihe „Pano“ wirft ein schlechtes Licht auf den flämischen Bauernbund, eine Art landwirtschaftliche Gewerkschaft. Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche Agrarunternehmen in Flandern große Probleme damit haben, ihren Stickstoff-Ausstoß zu senken, geben zahlreiche Landwirte an, vom Bauernbund regelrecht zur Expansion gedrängt worden zu sein. Aber, mehr Viehzucht bedeutet mehr Stickstoff und jetzt haben die Betroffenen ein dickes Problem.

„Pano“ sprach mit 50 flämischen Landwirten, die durch das flämische Stickstoff-Abkommen in Zukunft deutlich weniger CO² ausstoßen, als bisher. Für viele von ihnen bedeutet dies, ihren Viehbestand drastisch zu verkleinern oder sogar aufzuhören.

In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass die meisten Viehzuchtbetriebe in Flandern von Bauernbund dazu gedrängt wurden, zu expandieren, sprich größere Ställe zu und die Zucht zu vergrößern. Dies sorgte für hohe Investitionen, die den Landwirten heute angesichts der Stickstoff-Problematik übel aufstoßen.

Nicht nur hinter vorgehaltener Hand keimt jetzt scharfe Kritik am flämischen Bauernbund auf. Hat die Agrargewerkschaft tatsächlich Landwirte dazu gedrängt, zu expandieren? Ist dem Bauernbund vorzuwerfen, Interessen anderer vertreten zu haben? Gibt es Interessenskonflikte? Steht der Bund Viehfutterbetrieben und Herstellern von landwirtschaftlicher Technik zu nahe?

Reich gefüllter Fonds des Bauernbundes

Der Bauernbund reagiert auf die Vorwürfe, die bei „Pano“ zutage kamen, recht knapp und gibt an, unabhängig zu sein. Doch die VRT-„Pano“-Redaktion fand heraus, dass diese Einrichtung regelrecht „millionenschwer“ ist. Alleine in den vergangenen beiden Jahren betrug der Gewinn des Bauernbundes rund 800 Mio. €.

Flanderns Umweltministerin Zuhal Demir (N-VA), die an der Erfüllung des Stickstoff-Abkommens festhält, ruft den Bauernbund jetzt dazu auf, die Gewinne aus seinem Fonds dazu zu nutzen, den Bauern bei der Erfüllung der Stickstoff-Auflagen finanziell unter die Arme zu greifen: „Schließlich ist deren Expansionspolitik ein Verdienstmodell gewesen.“ 

Flanderns Landwirtschaftsminister Jo Brouns (CD&V) ist der Ansicht, dass eine Vergrößerung von Agrarunternehmen nicht immer die beste Wahl sei, zumal dies in den vorliegenden Fällen für mehr Stickstoffausstoß gesorgt hat. In einer Reaktion auf die „Pano“-Sendung teilte er mit, dass er sich mit dem Sektor zusammensetzen wolle, um zu sehen, wie man in Zukunft besser vorgehen kann. 

Hintergrund: Das flämische Stickstoffabkommen

Beim im Februar dieses Jahres von der flämischen Landesregierung beschlossenen Abkommen zum Thema Stickstoff handelt es sich um den Versuch, den Ausstoß dieses Stoffs zu verringern. Ammoniak ist z.B. eine schädliche Form von Stickstoff und dieses entsteht in der Geflügel- und Schweinezucht. Doch auch der Straßenverkehr stößt Stickstoff über Benzin und Diesel aus. Nicht zuletzt gehört auch die Verbrennung von Gas und Öl zum Heizen Stickstoff aus.

Und dieser Stickstoff fällt aus der Luft wieder auf die Erde zurück und kann zu Gesundheitsschäden führen. Zudem stört er die Biodiversität in der Tier- und Pflanzenwelt. Die Industrie führte in Flandern in letzter Zeit massiv Investitionen in Filteranlagen durch und auch die Autoindustrie sucht nach Innovationen (Stichwort Elektromobilität).

Doch in der Landwirtschaft sind Lösungen viel schwieriger zu finden. In dieser Frage hat die flämische Landesregierung beschlossen, dass der Schweinebestand bis 2030 um 30 % verkleinert werden muss und dass Landwirte, die Betriebe führen, die enorm umweltschädlich arbeiten, kompensiert werden oder dass ihre Bauernhöfe und Ländereien mit Mitteln aus der Landeskasse erworben werden.

Das ist bis 2025 für aktuell 40 Betriebe der Fall und bis zu 120 weitere landwirtschaftliche Unternehmen müssen sich (entschädigt) anpassen oder können freiwillig (entschädigt) aufgeben. Dafür hat die Landesregierung im vorliegenden Abkommen 3,6 Mia. € vorgesehen.

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