Medizinische Gasversorgung: Den Sauerstoff stets im Blick - Sensorik - Elektroniknet

2022-08-13 12:43:09 By : Mr. Jack Dong

Nicht erst seit Ausbruch der Corona-Pandemie nimmt die medizinische Sauerstoffversorgung eine wichtige Rolle bei der Patientenversorgung ein. Doch dahinter steht eine enorme Logistik. Abhilfe schafft ein digitales Sauerstoffventil, das Linde Healthcare und Keller Druckmesstechnik entwickelt haben.

Gasförmiger Sauerstoff wird unter sehr hohem Druck in Flaschen gelagert. Medizinischen Sauerstoff zur mobilen Anwendung gibt es üblicherweise in Flaschengrößen von zwei bis fünf Liter. Bei einem Druck von 200 bar entspricht ein Liter medizinischer Sauerstoff 200 Liter Sauerstoff bei normalem Luftdruck. Seit über 20 Jahren werden für die medizinische Gasversorgung Sauerstoffzylinder mit analogem Zeigermanometer eingesetzt. Der Anwender liest dabei den verbleibenden Sauerstoff auf einer physischen Tabelle ab und berechnet diesen anhand des Restdrucks, der Flaschengröße und des eingestellten Sauerstoffflusses. Dies benötigt einen enormen Aufwand an personellen Ressourcen, da in Krankenhäusern täglich bis zu 1000 Gasflaschen im Einsatz sind und der Verbrauch bei der maximalen Menge an Durchfluss ca. drei Stunden pro Zylinder dauert. Diese gewaltige Logistik wird von dem Pflegepersonal selbst gestemmt. 

Um dies alles zu vereinfachen, entstand bei Linde Healthcare die Idee einer digitalen Anzeige für Sauerstoffflaschen. Als Partner wählte das Medizintechnikunternehmen die Keller AG für Druckmesstechnik. Ziel der beiden Partner war die Entwicklung eines digitalen Ventils, das kompatibel mit den bestehenden langlebigen Sauerstoffzylindern sein sollte und in seiner Bauform nicht verändert werden durfte. Zusätzlich stellt die medizinische Sauerstoffanwendung sehr hohe Anforderungen an die Reinlichkeit und die Sensoren. Um dies zu erfüllen, hat Keller einen komplett neuen, der vorgegebenen Umgebung exakt angepassten Sensor entwickelt. Der Sensor muss dabei Druckbereiche bis 300 bar messen können und in einem Reinraum hergestellt werden. 

Um diese streng definierten Vorgaben zu erfüllen, testete das Projektteam diverse Designs und Prototypen, bis daraus die ideale Kombination entstand. Der neu entwickelte Drucktransmitter PA-5 von Keller ist extrem robust, auf das Nötigste reduziert, und die verwendeten Materialien sind ganz besonders sauerstoffverträglich. Der im Ventil eingebaute analoge Sensor misst den Druck des gasförmigen Sauerstoffs in der Flasche und gibt diesen über eine Steckverbindung an die Elektronik hinter dem Display weiter. 

Folgende aufbereitete Daten stehen dem Patienten jederzeit mit eindeutigen Zustands-Icons zur Verfügung:

Restsauerstoff und Flow •    Anzeige der verbleibenden Zeit bei gewählter Flow-Einstellung •    Füllstand •    Aktuelle Durchflussrate

Sicherheitswarnsymbole •    Kritische Situation •    Gas-Flow ist geringer als eingesteller Flow •    Temperatur zu hoch oder zu niedrig •    Niedriger Ladestand •    Kein akustisches Signal •    Magnetisches Feld erkannt

Status •    Neue, unangebrochene Flasche

Zusätzlich zur digitalen Anzeige bietet das Ventil ein akustisches und visuelles Warnsignal. Der Alarm weist auf kritische Situationen hin, wie etwa einen niedrigen Füllstand oder einen eingeschränkten Gasfluss durch einen Knick im Schlauch. Dadurch gewinnt der Patient mehr Sicherheit in der Selbstkontrolle. 

Das neue Gasflaschensystem namens LIV IQ (Linde Integrated Valve) hat sich auf dem Markt sehr gut etabliert. Der große Vorteil dieses Systems besteht in der Selbstkontrolle und der besseren mobilen Sauerstoffversorgung wie zum Beispiel bei einem Transport eines Patienten. Des Weiteren wird das medizinische Pflegepersonal durch den reduzierten Ableseaufwand stark entlastet, denn sie wissen nun auf die Minute genau, wie lang der Sauerstoff beim aktuell eingestellten Verbrauch noch ausreicht. 

Die Optimierung der medizinischen Gasversorgung wird künftig noch einen Schritt weitergehen. Es ist geplant, für LIV IQ einen IoT-Prozess zu realisieren. Die digitalen Daten der Ventile werden dazu via Funk in ein internes Krankenhaus-Netzwerk eingebunden und kundenfreundlich aufbereitet. Das Pflegepersonal kann so von jedem Arbeitsplatz innerhalb eines Krankenhauses auf alle digitalen, akustischen und visuellen Display-Informationen zugreifen. Der zusätzliche Aufwand der Überprüfung jeder Sauerstoffflasche vor Ort wird damit nochmal um ein Vielfaches verringert. Dieser Schritt ins Internet der Dinge ist zurzeit bei Linde Healthcare in Entwicklung. Die nächste Generation des LIV IQ wird mit dieser geplanten Lösung das Management von Sauerstoffflaschen in Krankenhäusern revolutionieren.  

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