Die neue Corona-Variante Omikron verunsichert Patienten im Gesundheitswesen, doch Prävention ist und bleibt wichtig. Dazu gehört auch, dass man Physiotherapie und Reha nicht nur nicht vernachlässigen sollte – im Gegenteil: Physio- und Manualtherapeut sowie Heilpraktiker (Physiotherapie) Dennis Strutz, Geschäftsführer der gleichnamigen Praxis an der Schaumburgstraße in Recklinghausen, rät, vorbeugend etwas für das Immunsystem zu tun. Sein Tipp: Eine Kältetherapie in der Kältekammer. Die komme im ambulanten Bereich eher selten vor, biete aber so einige Vorteile, wie er im Interview verrät.
Herr Strutz, was hat es mit der Anschaffung der Kältekammer in Ihrer Physiotherapeutischen Praxis auf sich und wie sind Ihre Erfahrungen nach knapp zwei Jahren?
Im gesamten Kreis Recklinghausen gibt es keine Kältetherapie in dieser Form im ambulanten Bereich, lediglich stationär. Die positive Wirkung der sogenannten Kryo auf den Organismus ist aber seit tausend Jahren bekannt. Das war für mich der Anlass, eine Kältekammer in meiner physiotherapeutischen Praxis anzuschaffen, Unsere Erfahrungen damit sind durchweg positiv. Entwickelt wurde das Verfahren in den 70er Jahren, es ist also noch recht jung, aber sehr erfolgreich.
Wie muss ich mir diese Kältekammer vorstellen – Kammer, das klingt eher ungemütlich nach Dunkelheit, Keller…?
Ganz und gar nicht. Die Kältekammer ist wie ein großer Eisschrank, in dem zwei Leute stehend bequem hinein passen würden. Es geht aber natürlich immer nur eine Einzelperson für drei bis fünf Minuten hinein. Die Kammer ist mit einer Glastür versehen, vor der immer jemand von unseren Mitarbeitern positioniert ist, die Zeit durchgibt und kontrolliert, ob drinnen alles in Ordnung ist. Die Betroffenen dürfen sich vorab ihre Lieblingsmusik aussuchen und können das Ganze genießen wie einen Saunagang, nur eben mit Kälte. Ganz wichtig: Vor dem Termin wird ein ausführliches Aufklärungs- und Anamnesegespräch geführt und überprüft, ob alle peripheren Gelenke wie Finger, Ohren und Füße geschützt sind. Heißt: Man geht zwar in Badebekleidung oder Unterwäsche in die Kältekammer, muss aber Handschuhe, Ohrenschutz/Mütze, Socken und Schuhe tragen.
Auch eine Maske ist Pflicht. Das war aber schon vor Corona so, denn das Einatmen kalter Luft durch den Mund ist nicht nur unangenehm, es kann auch zu hektischer Atmung führen. Wer sehr empfindlich ist, kann übrigens leichte Sportbekleidung anziehen. Doch es gilt: Je mehr Haut man zeigt, desto effektiver ist die Wirkung.
Welche Wirkung hat denn die Kryo genau, in welchen Bereichen kommt sie zum Einsatz?
Angewandt wird sie in der Schmerztherapie, der Sportmedizin, der Neurologie, ja sogar in der Dermatologie bei Schuppenflechte und um das Hautbild zu verbessern. Letzteres kommt bei uns in der Physiotherapie natürlich weniger zum Tragen. Vorrangig wird die Kältetherapie bei Schmerzpatienten eingesetzt, etwa zur Milderung von Migräneattacken, bei neurologischen Patienten zum Beispiel bei der Behandlung von Multipler Sklerose, nach Operationen bei Lipödemen in Kombination mit Lymphdrainagen, im Bereich der Fitness bei Muskelkater, Entzündungsschmerzen sowie zur Unterstützung von Reha-Prozessen. Wir setzen die Kryo-Behandlung aber auch zur Vorbeugung ein, um das Immunsystem zu stärken.
Wie funktioniert das, was bewirkt die Kältetherapie?
Bei Minus 85 Grad Celsius in der Kältekammer werden Endorphine, also Glückshormone, ausgeschüttet, das Immunsystem aktiviert, der Körper besser durchblutet, der Stoffwechsel angeregt, sodass der Körper entgiftet wird. Heilungsprozesse werden dank Anti-Entzündungsfaktoren angeregt und Gefäße besser durchblutet. Die Kryo ist ein wirklich gutes Gefäßtraining, ähnlich wie früher die Kneippschen Güsse. Man fühlt sich einfach fitter.
Klingt nach einem wahren Wundermittel. Gibt es auch Menschen, für die die Behandlung nicht geeignet ist?
Mit Herzproblemen, peripheren Neuropathien oder generellem Unwohlsein sollte man nicht in die Kältekammer gehen, aber ansonsten gibt es kaum Kontraindikationen. Das klären wir aber im Gespräch zuvor genau ab. Für alle anderen ist es prophylaktisch sinnvoll. Natürlich handelt es sich nicht um eine Tablette, die man einwirft und dann ist man von allem geheilt. Man muss schon mehrere Behandlungen machen. Aber bereits beim ersten Mal merkt man eine positive Wirkung.
Wie häufig sollte man die Kammer betreten, und was kostet mich die reine Vorsorge, wenn ich keine diagnostizierte Erkrankung habe?
Zur Vorbeugung ohne akute Beschwerden reichen zwei bis drei Mal. Bei akuten Problemen mindestens drei Mal. Man kann auch morgens und abends kommen und zwei Durchgänge an einem Tag vornehmen.
Zu den Kosten: Bei Krankheitsbildern, etwa aus der Neurologie oder Rheumatologie, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Kosten, sofern eine Verordnung in Verbindung mit einer Physiotherapie vorliegt. Bei der reinen Prophylaxe ist man aber in der Regel Selbstzahler. Hier bieten wir die ersten beiden Sitzungen für insgesamt 19,90 Euro an. Danach kann man Monatsspecials, 14-tägige Termine oder auch Mitgliedschaften individuell bei uns buchen. Aber noch einmal zum Verständnis: Wir sind kein Fitness-Studio. Wir sind eine physiotherapeutische Praxis mit allen hygienischen Standards, die im Gesundheitswesen schon lange üblich sind.
Damit spielen Sie auf die Pandemie an, nehme ich an. Wie sicher ist ein Besuch in Ihrer Praxis in Corona-Zeiten?
Wir arbeiten im Gesundheitswesen – auch mit Patienten, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Bei uns werden Hygienestandards und Desinfektion deshalb seit jeher hoch gehalten. Natürlich herrscht Maskenpflicht, wir bitten aber insbesondere um FFP2-Masken. Wenn keine Verordnung vorliegt, gilt bei uns 2G plus. In den Umkleiden und Wartebereichen achten wir akribisch auf die AHAL-Regeln, die Kältekammer wird ohnehin nur einzeln betreten. Deshalb mein Appell: Bitte vernachlässigen Sie auch in Zeiten von Corona Ihre Physiotherapie nicht.
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