Wer in Vollnarkose operiert wird, bekommt nichts von dem mit, was im Operationssaal passiert. Auch nicht, dass während des Eingriffs künstlich beatmet wird. Welche Formen der Beatmung kommen bei einer Operation infrage – und was passiert dabei genau?
Damit ein chirurgischer Eingriff keine Schmerzen bereitet, ist eine Betäubung nötig. Manchmal reicht es aus, nur eine Körperregion zu betäuben – zum Beispiel die Ränder einer Wunde, nur einen Arm oder den Unterleib. Bei größeren Operationen ist jedoch meist eine Vollnarkose erforderlich: Sie schaltet das Schmerzempfinden im ganzen Körper und das Bewusstsein aus. Je nachdem, wie tief die Narkose ist, legt die Betäubung auch die Atmung lahm. Deshalb muss ein Beatmungsgerät die Atmung übernehmen.
Bei dieser Beatmungsmethode wird eine Maske auf das Gesicht gesetzt, die Nase und Mund fest umschließt. An die Maske lässt sich ein Beatmungsgerät anschließen, aus dem immer wieder frische, sauerstoffreiche Luft in die Atemwege abgegeben wird.
Für kurze Zeit oder in Notfallsituationen kann auch ein sogenannter Handbeatmungsbeutel an die Maske angeschlossen werden. Diesen drückt die Narkoseärztin oder der Narkosearzt rhythmisch zusammen, sodass die im Beutel enthaltene Luft in die Atemwege strömt. Ventile sorgen dafür, dass bei jedem Loslassen die Ausatemluft nach außen entweicht und sich der Beutel wieder mit Frischluft füllt.
Eine Beatmung über eine Maske nennen Fachleute auch „nicht invasive“ Beatmung.
Mittlerweile wird bei vielen Eingriffen mit einer Kehlkopfmaske (Larynxmaske) beatmet. Diese Maske erinnert an eine Ohrmuschel, an der zwei Schläuche hängen. Sie wird nicht auf Mund und Nase gesetzt, sondern im Rachen vor den Kehlkopf gestülpt. Die Ärztin oder der Arzt führt die Maske deshalb durch den Mund der Person ein, die beatmet werden soll. Ist die richtige Position erreicht, wird über den dünneren Schlauch etwas Luft in den aufblasbaren Rand der Maske gedrückt. Dadurch umschließt er den Eingang zum Kehlkopf besser. An den dickeren Schlauch werden das Beatmungsgerät oder ein Beatmungsbeutel angeschlossen.
Da die Kehlkopfmaske tief in den Rachen gelegt wird, sprechen Fachleute von einer „invasiven Beatmung“. Die Maske wird erst eingeführt, wenn die Narkose bereits zu wirken begonnen hat. Wer operiert werden soll, bemerkt davon also nichts.
Meist ist mit Intubation gemeint, dass die Narkoseärztin oder der Narkosearzt einen flexiblen Schlauch aus Kunststoff (Endotrachealtubus) in die Luftröhre einführt. Am anderen Ende des Schlauches wird ein Beatmungsgerät angeschlossen – übergangsweise auch ein Beatmungsbeutel.
Wird ein Tubus verwendet, spricht man ebenfalls von einer invasiven Beatmung. Von der Intubation und dem Einführen des Tubus bekommt man nichts mit, weil – wie beim Legen der Kehlkopfmaske – dann bereits die Narkose wirkt.
Über den Schlauch (Tubus) wird die Luft direkt in die Luftröhre geleitet
Die Beatmungsgeräte pumpen über Schläuche regelmäßig Luft in die Lunge. Am Gerät kann die Narkoseärztin oder der Narkosearzt regeln, wie die Beatmung genau ablaufen soll – zum Beispiel,
Zudem lassen sich der Atemluft auch Narkosegase oder Feuchtigkeit beimischen.
Über einen Monitor kann die Ärztin oder der Arzt alle wichtigen Messwerte verfolgen und das Gerät, wenn nötig, etwas anders einstellen.
Eine Komplikation ist, dass während der Beatmung Mageninhalt über die Speiseröhre in den Mund-Rachenraum zurückfließt und von dort in die Luftröhre gelangt. Man nennt das Aspiration. Um das Risiko dafür gering zu halten, soll man vor Operationen nüchtern sein.
Bei der Beatmung über einen Tubus ist das Risiko im Vergleich zur Beatmung per Maske oder Larynxmaske noch geringer: Denn der Tubus wird an dem Ende, das in die Luftröhre reicht, von einer aufblasbaren Kunststoffmanschette umschlossen. Sobald er weit genug vorgeschoben ist, wird die Manschette mit etwas Luft gefüllt. Sie fixiert den Schlauch und dichtet die Luftröhre ab. So kann kein Mageninhalt am Tubus vorbei in die Luftröhre fließen. Bevor der Tubus nach dem Eingriff wieder entfernt wird, muss die Luft aus der Manschette abgelassen werden.
Im Vergleich zu den Maskenbeatmungen sind für das Intubieren allerdings mehr Medikamente nötig, die den Kreislauf belasten können. Auch Verletzungen beim Intubieren und Heiserkeit und Hustenreiz nach der Beatmung sind möglich. Zu Komplikationen kann es auch kommen, wenn der Schlauch nicht richtig in der Luftröhre liegt. Es kann zum Beispiel passieren, dass er in die benachbarte Öffnung der Speiseröhre gelegt oder zu tief in die Lunge vorgeschoben wird. Ärztinnen und Ärzte brauchen deshalb eine gute Sicht, wenn sie den Tubus einführen. Dabei hilft ihnen ein hakenförmiges Hilfsmittel mit einer Lichtquelle, das Laryngoskop: Mit diesem Gerät werden die Atemwege offen gehalten und gleichzeitig in den Rachen hinein geleuchtet. So lässt sich überwachen, ob der Schlauch auch wirklich in die Luftröhre eingeführt wird. Über das Abhorchen der Lunge und eine Analyse der Ausatemluft wird nach der Intubation zusätzlich geprüft, ob der Tubus richtig liegt.
Während einer Operation sind Nebenwirkungen der Beatmung wie Schäden an den Atemwegen oder der Lunge, Kreislaufstörungen oder Infektionen mit Krankenhauskeimen selten – sie spielen eher eine Rolle, wenn man über einen längeren Zeitraum beatmet werden muss oder wenn die Lunge bereits geschädigt ist.
Wann wie beatmet wird, hängt von mehreren Faktoren ab:
Dabei ist vor allem das individuelle Risiko für Komplikationen wichtig: Ist eine rasche Operation nötig, kann zum Beispiel nicht gewartet werden, bis die betroffene Person nüchtern ist. Um das Risiko einer Aspiration gering zu halten, wird dann meist intubiert. Bei geplanten Routine-Eingriffen kommen hingegen auch Beatmungen mit Maske oder Kehlkopfmaske infrage. Bei längeren, komplizierteren Operationen ist eher eine Intubation die Regel – auch wenn der Patient oder die Patientin nüchtern ist.
Es kann außerdem vorkommen, dass das Einführen eines Tubus schwierig ist oder nicht gelingt. Dann muss abgewogen werden: Lässt sich zum Beispiel auf eine Maskenbeatmung ausweichen? Ist eine andere Narkoseform möglich? Oder kann der Eingriff auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden?
Auch ohne Vollnarkose kann man in eine tiefe Bewusstlosigkeit fallen, in der die Atmung nicht mehr von allein funktioniert – etwa durch schwere Kopfverletzungen oder hohen Blutverlust. In solchen Notsituationen können geübte Ersthelferinnen und -helfer per Mund-zu-Mund-Beatmung dafür sorgen, dass die bewusstlose Person weiterhin mit Sauerstoff versorgt wird. Sobald Fachkräfte übernehmen, kann die Beatmung per Beutel oder Beatmungsgerät fortgesetzt werden.
Häufig ist die Lunge der Grund dafür, dass jemand beatmet werden muss: Wenn das Organ – zum Beispiel durch eine schwere Lungenentzündung – stark beeinträchtigt ist, würde das normale Atmen nicht mehr ausreichen, dem Körper genügend Sauerstoff zuzuführen. Dann hilft eine Beatmungstherapie.
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